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Montag, 16. Juli 2012

44. Etappe: Mounicou - Goulier

-== ZUM INHALT ==-

Montag, 16.07.2012

44. Etappe Gesamt, 8. Etappe 2012

Distanz: 17,2 Km - Aufstieg: 1822 m - Abstieg: 1798 m
Dauer*: 08:07 Std. (09:23 - 17:30 Uhr)
Übernachtung: Gîte/Réfuge

*inkl. Pausen


Die vergangene Nacht war zwar erholsam, ich bin aber hin und wieder aufgewacht. Der Schlafraum verteilt sich auf zwei Etagen. Unten schlief die Familie, die ich meine auch bereits am Refuge des étangs de Bassiès gesehen zu haben. Ihnen standen drei Doppelstockbetten zur Verfügung. An ihnen musste man vorbei, wenn man nachts zur Toilette musste. Oben war es etwas großflächiger, aber ebenfalls ziemlich vollgestellt. Dort standen fünf Doppelstock- und sieben Einzelbetten. Ich habe mich oben eingerichtet, in der anderen Ecke des Raumes war ein weiteres Pärchen. Von der Belegung her waren das beinahe paradiesische Zustände, verglichen mit anderen Unterkünften. Zum Frühstück gab es Brot, Obst und - als Starthilfe - zwei Tassen Kaffee.

Ab heute machten sich Auswirkungen der wetterbedingten Bummelei in der letzten Woche bemerkbar. Gestern Abend habe ich mir die Entscheidung abgerungen, nicht auf der Variante GR10 A zum Refuge du Fourcat (2445 m) aufzusteigen. Ich hätte dann morgen, statt bis Goulier, bis nach Siguer durchgehen müssen, um die verlorene Zeit aufzuholen. Aus anderen Gründen habe ich dann auch noch eine Abkürzung (kürzer, dafür viel steiler) von Pradières-d'en-bas (1117 m) hinauf zu einem Punkt, der auf der Karte mit Coumasses-Grandes (1580 m) bezeichnet ist, gewählt. Im Gîte d'étape Rouze haben mir zwei Spanier, die aus der Gegenrichtung kamen, erzählt, der Weg zwischen der Staumauer des Lac d'Izourt (1647 m) und den Coumasses-Grandes wäre durch Unwetter eigentlich nicht begehbar und man sollte das Stück besser meiden. Landschaftlich hätte mich der Abschnitt schon gereizt. Oberhalb der Baumgrenze wurde es zwar felsig und trocken, aber hier leben Gämsen (eine eigene Pyrenäen-Art, der Izard (Rupicapra pyrenaica)) und auch die Wegführung ist nicht gerade unspektakulär. Durch das Auslassen der fast 8 Km reduzierte sich die Gesamtdistanz bis nach Goulier aber von fast 25 Km auf knapp 17 Km - bei diesen Höhenunterschieden ist das trotzdem noch durchaus genug.

Etappenvorschau:
Im Schnitt bewegt sich diese Etappe auf etwa 1350 m, die Spannweite ist aber relativ groß. Man startet am Gîte d'étape Mounicou (1065 m) und beginnt mit dem ersten Anstieg am Westhang durch Wald zur verschlossenen Hütte Refuge de la Prunadière (1615 m). Insgesamt leicht abfallend erreicht man ab dort den Scheitelpunkt des Bergrückens auf etwa 1570 m. Man vollführt eine Kehrtwende und nimmt sich der Serpentinen am Osthang in Richtung dahinterliegendes Tal an. Der im Tal gelegene Weiler Artiès (985 m) wird neueren Kartenblättern folgend nicht mehr betreten. Statt auf einer Straße geht man entlang eines Trampelpfades im Wald durch Felsen und wieder neben einem alten (aber nicht antiken) Aquädukt bis Pradières-d'en-bas (1117 m) . Die nun folgende Abkürzung hinauf zu einem Hangweg hat es in sich. Hat man sie an der Baumgrenze überwunden, findet man sich auf etwa der gleichen Höhe wieder, wie auf dem Bergrücken zuvor (1580 m). Der Weg am Hang ist leicht abschüssig und nicht uninteressant. Später erreicht man einen Wald und steigt nach Goulier (1110 m) ab. Man durchquert den alten Ortskern und findet das Gîte d'étape "Relais d'Endron" am anderen Ortsende.

Bericht:
Am Morgen waren meine Zielsetzungen, ordentlich zu frühstücken, den ersten Anstieg im Schatten zu überwinden, aber dennoch nicht überhastet aufzubrechen. Mir war es wichtiger, gut gepackt und das Gewicht im Rucksack vernünftig verteilt zu haben. Als ich fertig war, war die Sonne schon recht tief am gegenüberliegenden Hang zu erkennen, also sollte es losgehen. Bis Artiès soll man laut Beschilderung 3,5 Stunden benötigen.
Mounicou
Zunächst in Serpentinen, später geradeaus NNO-wärts, nahm ich den Anstieg zur Hütte Refuge de la Prunadière in Angriff. Unterwegs traf ich erst ein - nicht älteres, sondern altes - Pärchen bei ihrem Morgenspaziergang. Wir wünschten uns einen schönen Tag und bessers Wetter als in den vergangenen Tagen. Später lief ich auf eine Gruppe auf, die sich ein wenig auf dem Anstieg verteilt hatte. Man wollte einen Weg über einen Übergang nahe des Pic des Malcaras (2865 m) zum Etang Fourcat (2412 m) nehmen. Mit beiden Teilen dieser Gruppe habe ich ein wenig über das Wetter und das Kartenblatt diskutiert, habe sie aber dann auch bald hinter mir gelassen.
Bei steigender Höhe konnte ich durch die Bäume die gegenüberliegende, sonnige Hangseite erblicken, auf der sich durch Taleinschnitte hindurch schneebefleckte Gipfel zeigten. An anderer Stelle war der Blick auf den Ort Marc (1010 m) frei, durch den ich erst gestern gekommen bin. Es ist schon ein interessanter Anblick, den Weg auf dem fast ebenen Aquädukt und den anschließenden, kurzen aber gefälleartigen Abstieg nach Marc nebeneinander sehen und nochmal nachvollziehen zu können.
TalblickMarc / Cap de Fum
AussichtAussicht
Am Refuge de la Prunadière wollte ich eigentlich eine Pause einlegen, die wenige Fläche um die Hütte herum sah aber wenig einladend aus. Wenigstens hat man dort die Möglichkeit, seine Wasservorräte aufzufüllen, was ich aber ebenfalls nicht getan habe. Meine Behälter waren noch prall gefüllt, also ging es auch gleich weiter.
Refuge de la PrunadièreRefuge de la Prunadière
Der Wald war auf dem folgenden Stück zwar an manchen Stellen mitsamt der umliegenden Bäume weggerutscht, aber vom Förster wieder gut hergerichtet worden. Man musste halt einen kleinen Umweg ab- und wieder aufwärts nehmen, das nimmt man aber gerne in Kauf wenn man sich nur kurz vorstellt, wie es sein muss, an dieser Stelle Baumstämme zu entsorgen und begehbare Pfade herzustellen. Der Hang ist hier schließlich ganz schön steil.
WaldwegWaldweg
Das Erreichen des ersten Wendepunktes kündigte sich dadurch an, dass der Wald plötzlich etwas lichter wurde und Sonnenlicht einstrahlte. Der Hang zu meiner Rechten war also nicht mehr sehr hoch, was bedeutete, dass es gleich wieder bergab gehen sollte. In der Umgebung gab es ein paar Baumstümpfe, die sich als Sitzplatz eigneten, außerdem war der Boden nun nahezu eben. Ich habe den Rucksack abgelegt, einen kleinen Snack genommen und ein wenig verschnauft. Vor dem Aufbruch habe ich am Rande des Hangs einen letzten Blick auf die westlich gelegene Talseite genossen und den Absteig nach Artiès begonnen.
PausenplatzTalblick
Ruisseau de Bassiès
Der Waldboden war auf der gesamten Länge der langgezogenen, spürbar abfallenden Serpentinen mit einer dicken Blätterschicht bedeckt. Irgendwann kam mir ein Hund entgegen, der seiner Tageswanderer-Gruppe ein paar Meter vorausgeeilt war. Man grüßte sich und ging seiner Wege. Hin und wieder entdeckte man bereits selbstgefertigte Hinweisschilder von Fabrice aus dem Gîte d'étape in Siguer, dem morgigen Etappenziel.
Talblick
Am Ende des Abstieges zeigte sich, dass sich die Wegführung auf der Karte von der Ausschilderung unterschied. Nach der Karte hätte ich durch den Ort Artiès hindurchgehen sollen, um entlang der Straße Pradières-d'en-bas zu erreichen. Nach der Beschilderung sollte ich nicht bis zum Talgrund absteigen, sondern SSO-wärts am Hang wieder leicht aufsteigen. Da gerade Mittagszeit war, wollte ich mich dennoch in den Ort begeben, um eine Pause einzulegen.
Artiès
Am Ortseingang war ein älterer Herr damit beschäftigt, die Fassade seines Hauses zu verfugen. Ich fragte ihn, ob es im Ort ein Restaurant oder etwas vergleichbares gäbe. Er musste das leider verneinen, sagte aber, ich könne der Straße etwa 6 Km talsauswärts folgen, dann käme ich in einen Ort mit einem Bus zu einem anderen Ort mit Restaurant. Ich bedankte mich freundlich und suchte mir einen Keks unter einem Baum (ein schattiges Plätzchen… muhaha). Ich hatte gerade meinen Rucksack abgelegt, als ich eine stämmigere Dame hinter mir herkommen sah. Sie folgte mir bis zu meinem Pausenplatz, wo sich dann herausstellte, dass sie die Ehefrau des Mannes von vorhin war und sie mich gerne zum Mittagessen einladen würde, sie hätte sowieso gerade gekocht und als sie gehört hatte, dass ihr Mann mir den Weg zu einem Restaurant erklärt hatte, wäre sie gleich hinter mir her. Ich war sehr, sehr erfreut über das Angebot und ging gerne mit ihr zum Haus zurück. Im Fernsehen lief Alarm für Cobra 11 auf französisch und ich konnte erzählen, dass ich von dort komme, wo das aufgezeichnet wird und dass sogar schon mal vor meiner Haustür gedreht wurde. Sie erzählte mir dann, dass ihr Bruder in Hamburg lebt. So haben wir uns noch ein bißchen unterhalten, zum Beispiel, dass sie eigentlich in Toulouse leben und dass Artiès nur aus sechs Einwohnern besteht. Der Rest wären - wie sie - Wochenendurlauber aus den umliegenden Städten. Als ich mich wohlgenährt und voll des Dankes wieder für den Aufbruch vorbereitet habe, konnten mir die beiden auch noch die veränderte Wegführung bestätigen. Ich verließ den Ort also wieder, wie ich ihn betreten habe und begab mich wieder auf einen noch recht sanften Anstieg.
ArtièsAquädukt, Waldweg
Im Wald ging es erst auf noch nicht sehr gut erkennbaren Pfaden zu einem weiteren Aquädukt. Ich freute mich schon wieder auf ein leichtes Vorankommen, leider konnte der Weg nicht darauf verlaufen, weil die Deckelplatten eingebrochen waren; dafür stellenweise dadurch. Zum Teil verlief der Pfad also daneben, dort war es unebener und es erforderte etwas mehr aufmerksamkeit. Den Abzweig zum Talgrund, der für den kommenden Anstieg durchquert werden musste, hätte ich fast übersehen. An einigen wenigen verfallenen Häusern vorbei und über einen Bach erreichte man schließlich doch die Straße, die aber nur ein paar Meter begleitet wurde. Der steile Anstieg der Abkürzung begann noch vor dem ersten Haus des Ortes.
Pradières-d'en-BasAusblick
Wenn man sich für die Abkürzung entscheidet, erfordert das dennoch eine gute körperliche Fitness und einiges an Ausdauer. Ich habe für die knapp 470 Höhenmeter auf ca. 1,3 Km etwa 1,5 Stunden gebraucht. Es war schon den ganzen Tag sonnig und es wurde immer heißer und der Schweiß lief nur so vor sich hin. Dafür wurde ich oberhalb der Baumgrenze dann aber auch belohnt.
FliegenpilzBlick in Richtung Etang d'Izourt
ObenWeg
Weg
Wege wie diesen mag ich besonders. Nicht sehr breit, direkt am steilen Felshang mit einer weiten Aussicht. Ich ging also so vor mich hin, war mit mir und meiner Umwelt völlig im Reinen, bis vor mir plötzlich etwas den Weg kreuzte. Man hätte meinen können, da wäre gerade ein Felsbrocken den Berg runtergefallen. Es war aber eine Pyrenäen-Gemse (ein Izard). Ich konnte es nicht fassen, wie man in diesem Mordstempo die Felsen runterhuschen kann. Natürlich war das Tier zu schnell für meine Kamera. Ich habe trotzdem noch eine gute Viertelstunde dagestanden und den Hang beobachtet, ob sich irgendwas bewegt. Leider tat es das nicht, also ging ich weiter.
WegWeg
WegWeg
Weg
Der Weg setzte sich noch eine Weile so fort, irgendwann begann der Abstieg. Der Steilhang wurde flacher, der Wald wieder dichter und der Weg bevölkerter. Ich traf noch auf vier Damen und Herren, die mir mit lauter Stimme entgegenkamen. Ich habe ihnen was vom Izard erzählt, den ich gesehen habe, in der Hoffnung, sie wären dann vielleicht etwas leiser, aber leider hatte es keinen Effekt.
Kurz vor Erreichen der Ortschaft Goulier kommt man noch an einem besonderen Punkt vorbei. Mit einem Denkmal und einer Tafel wird an die Eröffnung des GR10 im Ariège am 18.10.1975 erinnert und dessen Schirmherr, Marceau Delrieu, der 1981 im Alter von 69 Jahren verstorben ist, gedacht. Ich habe mir dafür gerne etwas Zeit genommen.
GedenktafelGedenktafel
Schatten
Goulier war danach schnell erreicht. Ich traf noch auf eine Pfadfindergruppe, bevor ich schließlich wieder befestigte Wege in Form einer Schotterpiste betreten habe. Diese wurde aber auch schnell wieder verlassen. Ein Bachbett, welches schnell zugunsten eines Pfades verlassen wurde, führte zum Ortseingang. Plötzlich lag eine offene Landschaft vor mir - ein ungewohntes Bild. Das Gîte d'étape "Relais d'Endron" befindet sich am anderen Ende des Ortes, an der Umgehungsstraße gelegen.
PlateauPlateau
GoulierGoulier
Goulier, Relais d'Endron
Der Empfang war enorm freundlich. Es gab nicht viele Gäste, es waren ein paar Freunde der Wirte zu Besuch, ansonsten nur eine andere Wandererin, Muriel, die noch später dazukam. Was ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste war, dass wir uns bis Mérens-les-Vals begleiten würden. Es gab einen Apéritif und ein üppiges Abendessen. Mein Schlafzimmer war diesmal ein Dreibettzimmer - ganz für mich allein.
Wegpunkte:

Cabanes

Refuge de la Prunadière (Verschlossen), 1615 m (42°43'18.92"N, 1°27'50.07"E)


Etappenorte

Goulier, Gîte d'étape "Relais d'Endron", 1110 m (42°45'21.81"N, 1°30'15.07"E)


Gîtes/Refuges

Gîte d'étape "Relais d'Endron", Goulier, 1110 m (42°45'21.81"N, 1°30'15.07"E)


Markante Orte

Coumasses-Grandes, 1580 m (42°43'33.96"N, 1°29'30.15"E)
Abzweig GR10 B (42°45'6.84"N, 1°29'11.18"E)
Gedenktafel zur Eröffnung des GR10 ariègois (42°45'14.00"N, 1°29'15.27"E)


Ortschaften

Artiès, 985 m (42°44'8.23"N, 1°28'43.77"E)
Pradières-d'en-Bas, 1117 m (42°43'15.49"N, 1°29'9.79"E)
Goulier, 1110 m (42°45'16.15"N, 1°30'12.44"E)


Verfasst: 07.10.2012; Überarbeitet: 09.10.2012

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Samstag, 14. Juli 2012

42. Etappe: Aulus-les-Bains - Refuge de Bassiès

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Samstag, 14.07.2012

42. Etappe Gesamt, 6. Etappe 2012

Distanz: 10,9 Km - Aufstieg: 1322 m - Abstieg: 395 m
Dauer*: 04:12 Std. (09:08 - 13:20 Uhr)
Übernachtung: Gîte/Réfuge

*inkl. Pausen


Aulus-les-BainsAulus-les-Bains

Am Morgen des Nationalfeiertages war der Himmel leider wieder wolkenverhangen. Das durfte doch alles nicht wahr sein. Nach insgesamt 1,5 Tagen, an denen es endlich einmal sonnig war, nun also doch wieder vernebelte Sicht. Schade.

Wieder war ich sehr einverstanden, die vergangene Nacht eben nicht auf dem Campingplatz verbracht zu haben. Das Frühstück wäre nicht so entspannt verlaufen und auch das Zelt hätte ich triefnass einpacken müssen. So ging es um kurz nach 9 Uhr wohlgenährt und in trockenen Klamotten los.

Eine Zeitlang habe ich den einzigen Mitwanderer begleitet, der ebenfalls im La Goulue übernachtet hat. Wir konnten uns beim Abendessen über viele Routen und Plätze entlang der bisherigen Strecke austauschen und er erzählte von einigen Fernwanderungen, die er bereits bestritten hatte (bei mir hängengeblieben sind der GR5 in den französischen Alpen und der GR20 auf Korsika, mit dem erstaunlich viele GR10-Wanderer ebenfalls planen oder ihn bereits absolviert haben. Auch auf La Réunion war er bereits, wo mich der GRR2 reizen würde - das ist aber ein ganz eigenes Thema und bestimmt auch einen eigenen Blog wert - wenn es denn irgendwann vielleicht so weit ist). Er machte also einen ziemlich fitten und routinierten Eindruck. Außerdem hatte er kaum, nahezu überhaupt kein Gepäck dabei und plante meist von vornherein mit zwei Etappen auf einmal. Anfangs dachte ich, ich könnte mir vielleicht einen kleinen Vorsprung herausarbeiten, weil er mich ja sowieso wieder überholen würde, damit wir dann ein interessanteres Stück gemeinsam gehen, aber am Ortsausgang von Aulus-les-Bains hatte er mich bereits wieder eingeholt. Nach einer knappen halben Stunde hatte er mich dann endgültig abgehängt.

Aulus-les-BainsWolken

Interessant wurde der Weg später tatsächlich noch, das lag aber leider weniger an der Aussicht… Kurz hinter dem Ortsausgang wurde zunächst ein weiteres Mal die D8 F gekreuzt, bevor es schnell wieder steil und waldig wurde. Der Hang war ziemlich nass. Viele Bachläufe haben tiefe Furchen gerissen, es gab an manchen Stellen kaum einen brauchbaren Tritt. Der Blick durch die Bäume ins Tal verriet höchstens, dass ich immer tiefer in der Wolkenschicht verschwand. Unter diesem Aspekt war ich ganz froh, nach 1,5 Stunden den Wald am Plateau La Coumebière ( 1400 m) wieder verlassen zu können.

Nun betrat man wieder offeneres Gelände. Über großzügige Wiesenhänge ging es zu Anfang noch nicht sehr steil bergan. Außer dem ständig präsenten Nebel und Gegend war nicht viel zu sehen. Ab und an stellte sich mal ein Fels oder Baum in die Sicht, bis dann auch bald die weitläufigen Serpentinen hinauf zur Port de Saleix (1794 m) erreicht waren.

In den WolkenIn den Wolken

Der Nebel wurde ab hier immer feuchter. Dass ich den passenden Zeitpunkt verpasst habe, Regenklamotten überzuziehen, habe ich erst festgestellt, als ich plötzlich die frische Briese und die Wassertropfen überall an mir bemerkte. Unergründlicherweise hatte meine Regenjacke keine Kapuze, dafür erfüllte wenigstens der Überzug für den Rucksack seine Aufgabe. Auf die Regenhose konnte ich jetzt auch verzichten, dachte ich. Bis ich dann endlich am Port de Saleix angekommen war.

Port de SaleixIch am Port de Saleix

Ich habe mir eine ganz kurze Verschnaufpause gegönnt. Für mehr war es zu nass, windig und kalt. Der weitere Weg begann mit einem Anstieg, der mir fast senkrecht in Erinnerung geblieben ist. Von hier hätte man unter anderen Bedingungen bestimmt einen famosen Ausblick. Nach nicht enden wollenden Metern überschreitet man den Bergrücken, der in meinem Falle endlich den eisigen Wind abgehalten hat. Außerdem gab es etwas Abwechslung dadurch, dass das Gelände gerölliger wurde - und es ging ein paar Meter bergab. Ab dem Etang d'Alate (1868 m) änderte sich das aber wieder, es wollte schließlich noch der Col de Bassiès (1933 m) gewonnen werden.

Den Etang d'Alate hätte ich im Nebel fast übersehen. Später wurde mir gesagt, der See würde durch thermische Quellen gespeist werden und man könnte darin ein wärmendes Bad nehmen - anders als in den Seen der Umgebung. Leider wusste ich davon vorher nichts und konnte es nicht auf die Probe stellen. Nass wäre ich ja sowieso schon gewesen.

Etang d'Alate

Nun ging es nur noch den Geröllhang hinab in die Ebene der Etangs de Bassiès. Auch dieser Ausblick wäre ohne Nebel sicher eindrucksvoller gewesen. Da ich nicht viel Zeit zum in-die-Gegend-starren brauchte, konnte ich mich ganz dem Abstieg widmen. Das hätte mir noch gefehlt, mich auf den letzten Metern noch auf die Nase zu legen. Irgendwann schimmerte dann auch das Refuge des étangs de Bassiès (1650 m) durch den Nebel.

Etangs de BassièsRefuge des Etangs de Bassiès

Da es erst kurz nach 13 Uhr war, wäre eine Option gewesen, im Refuge einen Mittagssnack zuzubereiten, wieder auf Temperatur zu kommen und etwas abzutrocknen, um den Weg nach Mounicou fortzusetzen. Das hatte sich aber schnell erübrigt. Das Refuge war überlaufen von durchnässten Großfamilien und sonstigen Wandergrüppchen, die sich gerade ebenfalls überall von ihren nassen Klamotten befreit und sich mit ihren Vorräten ausgebreitet haben. Letzdenendes habe ich lange gebraucht, bis ich mich endlich einrichten konnte. Ich habe immer weiter gefroren und keine Motivation gefunden, mich wieder in das Schmuddelwetter rauszubegeben. Schließlich habe ich mich für die Halbpension entschieden, auf das Abendessen und einen frühen Feierabend gefreut. Die Auslage an Pyrenäenzeitschriften und TopoGuides ist umfangreich, außerdem gab es Postkarten zu schreiben und einige Notizen festzuhalten. Nachmittagsbeschäftigung hatte ich also genug.

Dabei war zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht klar, ob ich auch in einem Bett übernachten kann. Der Gemeinschaftssaal war extrem frequentiert und auf die Frage, ob ich die Halbpension buchen könnte, wurde ich gefragt, ob ich mich auch mit einem Schlafplatz auf einer der Bänke zufriedengeben würde. Wenn es hart auf hart gekommen wäre, hätte ich auch auf das Zelt zurückgreifen können. Vor dem Refuge ist es ohne Weiteres möglich, zu biwakieren.

Am frühen Nachmittag lichtete sich der Raum aber allmählig, weshalb dann auch irgendwann das Bett nicht mehr zur Diskussion stand. Im vollbelegten Zehnbettzimmer konnte ich in einem Doppelstockbett noch die obere Liege ohne Nachbarmatratzen ergattern. Die spätere Geräusch- und Geruchkulisse war dann allerdings gewöhungsbedürftig.

Zum Abendessen gab es eine Gemüsesuppe, Hühnerbeine und Kartoffeln. Dazu habe ich mir ein leckeres Pelforth schmecken lassen. Mit den Tischnachbarn konnte ich mich sehr angeregt unterhalten. Viele von ihnen waren nur an diesem Wochenende in den Pyrenäen und wollten am nächsten Tag auf den Pic Rouge de Bassiès (2676 m) aufsteigen. Bei gutem Wetter wäre das auch für mich durchaus eine Option für eine Tour in den kommenden Jahren. Immerhin bewegt man sich auf etwa 7 Km auf einem Gratweg, überschreitet dabei einige Zweitausender und genießt einen phantastischen Ausblick. Wenn man vermeiden möchte, den Weg vom Gipfel wieder zum Refuge zurückzugehen, müste man neben 1000 m Aufstieg allerdings auch 1700 m Abstieg auf weiteren ca. 8 Km in Kauf nehmen (davon 1236 m auf den ersten ca. 3 Km nach dem Gipel). Ziel wäre, wie auch in der kommenden Etappe auf dem GR10, Marc (1010 m) oder Mounicou (1065 m).
Wegpunkte:

Etappenorte

Refuge des étangs de Bassiès, 1650 m (42°45'55.66"N, 1°24'47.45"E)


Gîtes/Refuges

Refuge des étangs de Bassiès, 1650 m (42°45'55.66"N, 1°24'47.45"E)


Pässe

Plateau de Coumebière, 1400 m (42°46'59.13"N, 1°23'10.86"E)
Port de Saleix, 1794 m (42°46'52.71"N, 1°24'15.26"E)
Col de Bassiès, 1933 m (42°46'20.92"N, 1°24'42.21"E)


Seen

Etang d'Alate, 1868 m (42°46'33.74"N, 1°24'22.14"E)


Verfasst: 12.08.2012; Überarbeitet: 11.10.2012

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Freitag, 13. Juli 2012

41. Etappe: Etang de Guzet - Aulus-les-Bains

-== ZUM INHALT ==-

Freitag, 13.07.2012

41. Etappe Gesamt, 5. Etappe 2012

Distanz: 9 Km - Aufstieg: 359 m - Abstieg: 1097 m
Dauer*: 04:14 Std. (11:10 - 15:24 Uhr)
Übernachtung: Gîte/Réfuge

*inkl. Pausen


Etang de Guzet

Den Morgen habe ich in aller Ruhe am See verbracht. Am anderen Seeufer befindet sich ebenfalls ein Zelt, welches aber vermutlich nicht dauerhaft bewohnt ist. Möglicherweise wird es hin und wieder von Anglern benutzt.
In der Vormittagssonne konnte ich noch mein Zelt trocknen lassen, währenddessen ganz gemütlich das Frühstück vorbereiten und entspannt genießen. Das Brot, welches ich noch immer aus Rouze mit mir geführt habe, kam mit Schinken und Käse belegt in den Topf und wurde auf dem Kocher angeröstet. Dazu eine schöne Tasse Kaffee - Frühstück deluxe.

Etang de Guzet, ZeltFrühstück

Die heutige Etappe sollte nicht sehr anspruchsvoll werden, deshalb konnte ich mir einige Zeit lassen. Aufbruch war erst um kurz nach 11 Uhr. Die Sonne stand hoch am Himmel und es waren den ganzen Tag über keine Wolken in Sicht. Endlich!
Der Weg gab heute mit einem relativ kurzen, leicht zu bewältigenden Aufstieg seinen Einstand. Man erreicht die Ruinen der Cabanes de Guzet (1572 m) und geht nach ein wenig Auf und Ab und teils die Höhe haltend wieder abwärts durch Geröllhalden und die Baumgrenze zur Passerelle d'Ars (1485 m). Dort habe ich eine Pause eingelegt, meine Wasserflasche aufgefüllt und die Füße in den Bach gehalten - sehr empfehlenswert, weil sehr erfrischend.

PlateauTalblick
GeröllhaldeWaldweg
Passerelle d'ArsPasserelle d'Ars
Passerelle d'Ars

Man überquert also die Brücke und gewinnt noch wenige Meter an Höhe, bis man schließlich unterhalb einer senkrechten Felswand zur obersten Stufe der Cascade d'Ars (1270 m) hinabsteigt. In steilen und felsigen Serpentinen geht es weiter hinunter. Unterhalb jeder der drei Stufen des Wasserfalls bieten sich Plätze für eine kurze Pause an, um den Anblick zu genießen. Mit etwas Phantasie kann man hier sogar Orte ausmachen, die genug Fläche für ein kleines Zelt bieten. An diesem Tag waren für GR10-Verhältnisse enorm viele Touristen unterwegs. Ich habe mir zwar Zeit für einige Ansichten genommen, bin aber nie lange an einem Ort geblieben, sondern immer recht zügig weitergegangen.

Talblick Aulus-les-Bains
Cascade d'ArsCascade d'Ars
Cascade d'ArsCascade d'Ars
Cascade d'Ars

Nachdem man den Wasserfall im Wald aus den Augen verliert, geht es am Hang hinab zu einer Forstpiste. Diese wird eine Weile seicht abfallend begleitet, bis man schließlich unverhofft nach rechts in den Abhang hineingebeten wird, um den Wasserlauf im Talgrund zu erreichen. Man folgt nun dem linken Bachufer auf einem sehr altertümlichen Weg, passiert eine Ansammlung an Cabanes, die sich selbst überlassen sind, und wechselt schließlich die Bachseite auf der Pont de la Mouline (785 m), um im Anschluss eine der wenigen Straßen dieser Tage, die D32, wenige Meter nach Aulus-les-Bains (750 m) zu begleiten.

BachCabanes

Im Ort gibt es diverse Hotels, ein Gîte d'Etape am Ortseingang und eines im Ortszentrum, welches ich für mich ausgewählt habe: Das Gîte d'étape "La Goulue". Ansonsten findet man noch einen kleinen Lebensmittelladen, eine Handvoll Restaurants, einen Campingplatz und ein Office de Tourisme.

Pont de la MoulineAulus-les-Bains

Gegen den Campingplatz habe ich mich nicht nur aus Bequemlichkeitsgründen entschieden, sondern auch, weil das Gîte d'étape "La Goulue" völlig zurecht besonders empfohlen wird. Die Betreiber sind überaus freundlich (beispielsweise hat die Dame beim Refuge de Bassiès angerufen, um meine Unterkunft am nächsten Tag zu reservieren), das Essen war unfassbar gut (auch über das Frühstück am nächsten Tag lässt sich nicht klagen) und mein Zimmer - zwei Betten, kein Mitbewohner und ein Ausblick, über den ich mich auch am nächsten Morgen gefreut hätte, hätte es sich bis dahin nicht wieder zugezogen. Der Waschraum ist vor nicht allzu langer Zeit erst saniert worden und mutet äußerst luxuriös an (noch mehr, wenn man schon andere Unterkünfte auf dem GR10 bewohnt hat). Überhaupt wird das ganze Gebäude seit einigen Jahren von den Betreibern selbst mit viel Hingabe grundsaniert, weshalb man sich auch (derzeit) nicht im zur Straße gewandten "Haupthaus" aufhält, sondern auf der Gartenseite (sehr schöne und gepflegte Anlage) im bereits fertiggestellten "Hinterhaus".

Gîte d'étape La Goulue, Aulus-les-Bains
Wegpunkte:

Etappenorte

Aulus-les-Bains, Gîte d'étape "La Goulue", 750 m (42°47'27.09"N, 1°20'8.79"E)


Gîtes/Refuges

Gîte d'étape "La Goulue", Aulus-les-Bains, 750 m (42°47'27.09"N, 1°20'8.79"E)


Markante Orte

Passerelle d'Ars, 1485 m (42°45'38.15"N, 1°21'45.51"E)
Cascade d'Ars, 1270 m (42°45'44.26"N, 1°21'43.77"E)
Pont de la Mouline, 785 m (42°47'11.22"N, 1°20'53.12"E)


Ortschaften

Aulus-les-Bains, 750 m (42°47'24.07"N, 1°20'10.49"E)


Verfasst: 08.08.2012; Überarbeitet: 08.08.2012

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